Rette sich, wer kann!
Es gibt eine tolle Video-Werbung für sprachliche Weiterbildung, die geht wie folgt:
Szene: Funkspruch eines in Seenot geratenen Schiffes an die Küstenwache:
Schiff: “Mayday! Mayday! Can you hear us? We are sinking! We are sinking!”
Küstenwache: “Sis is se german coostgaarrd.”
Schifff: “We are sinking! We are sinking!”
Küstenwache: “What are you sinking about?”
Das Rett-ergebnis bleibt offen. Fazit: Wer was verstehen will muss es verstehen können. Und dafür muss man lernen.
Am Samstag, den 10. März 2018, standen die Themen “Retten” und “Lernen” im Fokus des Retterwerfenpackens der Schwarzwaldgeier. Ich durfte feststellen, dass mein Ausgangswissensstand nach zweijähriger Teilnahmepause (hab meine Rettung allerdings zwischendurch packen lassen!) doch eine Tendenz zur “Küstenwachenartigkeit” besaß – nuuuur ein klitzekleine Tendenzhaftigkeit, quasi. So haben mir die Profiretterwerferpacker in der Turnhalle zu Bischweier den ein oder anderen Erkenntnisgewinn beschert – und ich denke nicht nur mir, sondern auch dem oder der ein oder anderen der rund 25 Teilnehmer. Vorab ein großes Dankeschön an die Profiretterwerferpacker Rolf Böttcher, Martin Lohse, Werner Wolff, Torsten Fieg und Retter-Azubi Stephan Meier. Und natürlich auch Danke an den Organisator Alois Frietsch!
Ich will hier nicht die ganze Geschichte des Tages erzählen – dafür gibts Bilder, die Wirkung von Texten wird ohnehin allgemein überschätzt – , nur einige Aspekte, die mir etwas gebracht haben und anderen, denke ich auch. Und denen, die nicht dabei sein konnten hilft es vielleicht, sich selbst wieder auf einen besseren Wissens- und Trainingsstand zu bringen und schenkt ihnen hoffentlich einige lebensrettende Sekunden(bruchteile), wenn denn einmal die Devise lautet: Rette sich, wer kann!
Meine Selbst-Rett-erkenntnisse ersetzen selbst-verständlich kein Retterwerfenpacken-Training und sind nur als Anregungen zum Selbst-Erkennen und Lernen jedes einzelnen Selbst zu verstehen!
Rett-erkenntnis 1: Der richtige Griff. Wenn man schon im Flug mal probehalber nach dem Rettergriff vorfühlt, dann empfiehlt es sich, sich dabei wahlweise nach links oder rechts zu lehnen, da in der Situation, die ein Retterwerfen erfordert, die Sitzhaltung i.d.R. nicht aufrecht sondern wahlweise extrem nach links oder rechts geneigt ist. Wenn man sich beim Probegreifen also zur Seite lehnt, lernt man gleich die richtigen Greifwege.
Und noch ganz wichtig: Beim Greifen nach der Rettung auch immer zum Rettergriff blicken. Was man im Auge hat, hat man schneller in der Hand.
Rett-erkenntnis 2: Check den Klettverschluss. Wie sich bei einem Gurtzeug gezeigt hat, konnte zwar die Rettung super leicht geworfen werden, der Tragegurt kam aber selbst bei stärkstem Nachziehen nicht durch den hartnäckigen Klettverschluss des Gurtzeugs durch. Im Fall der Fälle wäre der Pilot seitlich oder sogar kopfüber auf den Boden aufgekommen. Daher empfiehlt es sich, den Klettverschluss regelmäßig zu lösen und wieder zu verschließen. Falls das nicht hilft: mit dem Gurtzeug zum Händler und alternative Fakten, äh, Lösungen suchen.
Rett-erkenntnis 3: Aufpassen mit Beinstreckern. Beinstrecker sollten einen Lösemechanismus besitzen, eine Art Sollbruchstelle, die sich öffnet sobald man mit ausreichend Kraft den Retter wirft. Denn bei einseitiger Schirmentlastung durch Klapper kann sich die Rettung im Beinstrecker verheddern und so ein vollständiges Öffnen des Rettungsschirms verhindern.
Rett-erkenntnis 4: Scherenstellung vermeiden. Ist der Retter dann mal geworfen, kann sich durch Wiederbefüllen des Gleitschirms die so genannte Scherenstellung ergeben, welche zu einer erhöhten Sinkgeschwindigkeit führt. Daher am besten den kollabierten Schirm einholen und voll und ganz auf die Rettung bauen.
Rett-erkenntnis 5: Die Lebensdauer. Nach 10 Jahren ist die Rettung durch den Wind. Dann braucht es eine neue.
Rett-erkenntnis 6: Schaut ab und zu mal wie viel die Rettung trägt und vergleicht es mit dem was die Waage anzeigt – plus Geraffel. Hier kann es in einem 10-Jahres-Lebenszyklus unter Umständen – ja, ja, natürlich nur in gaaaanz seltenen Ausnahmen – zu nicht unwesentlichen Veränderungen kommen. Ich kenne das selbstverständlich nicht! Aber ich habe davon gehört!
Rett-erkenntnis 7: Es ist verdammt gut, wenn beim Retterwerfen und -packen kein Flugwetter ist. Ich persönlich war noch nie so entspannt und konzentriert. Vielleicht sind mir daher diesmal wieder ein paar wichtige Sachen aufgefallen und im Kopf geblieben. Und außerdem haben die Jungs einfach einen exzellenten Job gemacht!
DANKE Rolf, Martin, Werner, Torsten und Stephan – wir freuen uns schon aufs nächste Jahr! Ich werde auch wieder dabei sein – denn: eine der menschlichsten Konstanten ist? Rischdisch: die Vergesslichkeit.
Ach ja, mir gings letztens übrigens so, dass ich beim Testrettergriffgreifen, warum auch immer, nach links gegriffen habe. Auch eine Möglichkeit … kostet aber einige Sekunden bis man blickt, dass das verdammte Ding ja rechts ist. Und die Sekunden kosten einen dann im Fall der Fälle vielleicht mehr als einen nochmal lieb sein kann.
Weitere Informationen:
Wie oben schon gesagt sind das selbstverständlich meine ganz persönlichen Selbst-Erkenntnisse. Andere haben für sich sicherlich ihre eigenen Schlüsse gezogen und Erkenntnisse gewonnen. Wer sich mit dem Thema eingehender beschäftigen möchte, bitte Profis kontaktieren. Eine gute Infoquelle, die auch unsere Profiretterwerferpacker im Original mit dabei hatten gibts auf der DHV-Internetseite – und noch jede Menge weitere Tipps und Erfahrungsberichte:
Also dann, schönen Tag und macht was draus: “Thave your thoul!” und “Sank you for rieding!”
RB
Hier ein paar Retterwerfenpackenimpressionen, weitere von Michael Wagner folgen.